(CoC) Upton Abbey

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(Autor: Zed)




SPOILERWARNUNG

Nachfolgende Story beinhaltet Informationen aus dem Call of Cthulhu Kaufabenteuer: Upton Abbey

Allgemeines

Abenteuer: Upton Abbey (ein Call of Cthulhu Kaufabenteuer)
Spieler:

  1. Theobald Wallace - Der Butler (chinchillah)
  2. Frederic Sterling - Der Sekretär (Zed)
  3. Charles Fauntleroy - Der Kammerdiener (Hyper)
  4. Ben Cobb - Der Stallbursche (Mord)
  5. Gerty Hastings - Das Hausmädchen (Tinkerbella)
  6. Agnes Sauertopf - Die Köchin (Tommy)

Spielleiterin: MrsPineapple
System: Call of Cthulhu

Teil I

Tagebuch Frederic Sterling, 24. Dezember 1912, 7:34 pm

Das Haus ist still. Wo freudige und festliche Stimmung herrschen sollte, drängt Verständnislosigkeit und Schock die Herrschaften und die Dienerschaft in ihre Zimmer und in die fassungslose Stille. Nur ein unbändiger, grausamer Sturm tobt vor den Fenstern, als wolle er die Welt in den Untergang reißen. Das Fest der Liebe ist zu einem Albtraum geworden. Er hat sich schon vor Stunden angekündigt wie ein dunkles, unheilverkündendes Omen.
Ich versuche zu fassen, was passiert ist, doch es entzieht sich meines Fassungsvermögens. Vielleicht kann ich es begreifen, wenn ich es niederschreibe, denn das muss ich, da die Geldsorgen nach wie vor wie ein Damoklesschwert über dem Hause Upton hängen und jedes Vorbeischwingen der vernichtenden Klinge näher scheint. Ich gebe dem Anwesen und Stolz der Familie Upton nur noch wenige Jahre. Wenn sich bis dahin nicht maßgeblich etwas an dem Umgang mit den Finanzen geändert hat, wird nichts mehr Andres übrigbleiben, als das Anwesen zu veräußern und … Aber ich schweife ab, ich flüchte vor der grausamen Realität dieses Tages in vertraute Gedankenstrukturen.
Es braucht all meine Kraft, es in Worte zu fassen und meine Finger zittern, wenn ich versuche, es aufs Papier zu bringen. Ich brauche mehr Tee.

9:18 pm

Der gute Mr. Wallace saß bis eben stumm neben mir im Aufenthaltsraum. Es gibt nichts zu sagen. Jedes Wort wiegt schwer wie Blei. Der Sturm tobt noch immer um das Haus und hat – glücklicherweise, möchte man sagen – alle angemeldeten Gäste zur Absage gezwungen. Jede Weihnachtsstimmung scheint für immer vernichtet worden zu sein. Vielleicht ist es gut, dass nun niemand an die morgige Bescherung denkt, da die mager ausfallenden Geschenke der beklemmenden Stimmung kaum zuträglich wären.
Aber das Geld scheint gerade so unendlich trivial vor dem Hintergrund der heutigen Ereignisse. Eigentlich war es nur ein Ereignis. Es begann mit einer freudigen Nachricht, Lady Margarets Zofe Ms. Callahan eilte aufgeregt zu uns und drängte darauf, einen Arzt zu rufen, die Wehen der Lady hätten eingesetzt. Natürlich war das ganze Haus, das bis eben noch mit den Vorbereitungen für die große Feier beschäftigt gewesen war, augenblicklich in freudiger Erregung, alles eilte aus anderen Gründen durch Flure und Zimmer, um die Niederkunft vorzubereiten. Mr. Wallace, Mr. Fauntleroy und ich hatten die Ehre, mit seiner Lordschaft im Blauen Salon zu warten. Auch die Gefühle der jungen Lady Clara hatte ich geschafft, mit nur ein paar wenigen guten Worten von furchtsamer Unsicherheit in freudige Erwartung zu verwandeln.
All unsere Freude scheint im Rückblick wie eine Farce. Schon der erste, laute Schmerzensschrei der Lady hätte alles in uns erstarren lassen müssen, aber Schreie sind normal bei einer Geburt, nicht wahr? Ich mache mir Vorwürfe, hätte ein Verbringen in ein Hospital ihr helfen können? All die Gedanken an Sparen ließen in mir gar nicht erst das Denken an die Gefahr einer so späten Schwangerschaft aufkommen. Aber ich bin auch kein Arzt und jedes Hadern bringt sie nicht zurück. Der junge Lord und die Lady sind gemeinsam gegangen, möge sich der Allmächtige ihrer annehmen und ihren zuletzt so gequälten Seelen Ruhe bringen.
Da steht es, ich habe es endlich geschrieben. Und es bricht mir das Herz. Ich brauche frische Luft.

10:12 pm

Der Sturm macht das Hinausgehen eigentlich unmöglich, dennoch habe ich ihm eine Viertelstunde getrotzt. Die Beerdigung will organisiert werden. Ich fühle mich leer.

Tagebuch Frederic Sterling, 27. März 2013, 9:13 am

Soeben habe ich Ms. Smith die Kündigung ausgesprochen. Ich glaube, sie sah es kommen, dennoch brach sie in Tränen aus. Eine solche Situation droht mich jedes Mal zu überfordern. Wie geht man mit einer weinenden, jungen Dame um? Die Gründe habe ich ihr - wie auch schon Ms. Callahan zuletzt im Januar - möglichst einfühlsam erläutert, denn wir müssen dringend sparen. Und auch wenn wir ein Hausmädchen eigentlich wirklich brauchen, können wir uns ihre Dienste leider nicht länger leisten. (Die anfallenden Aufgaben müssen nun Mr. Merryweather und Ms. Hastings übernehmen. Ich hoffe, dass sie mir dafür nicht zu böse sein werden.) Möglicherweise war Ms. Smith auch nur bestürzt darüber, Mr. Merryweather Lebewohl sagen zu müssen. Sie schien ja durchaus Gefallen an ihm gefunden zu haben, obwohl ich nicht so recht weiß, was sie an ihm findet. Ja, er erledigt seine Sache sehr gut, aber charakterlich erscheint er mir eher als Katastrophe. Möglicherweise ist das ein Trend der jungen Leute, sich zu solchen Leuten hingezogen zu fühlen.

11:21 am

Lady Cassandra hat die Nachricht von der Entlassung „ihres“ Mädchens, wie sie es nannte, erwartungsgemäß schlecht aufgenommen und sich über die Verwahrlosung der Sitten echauffiert, da ja nun auch Mr. Merryweather ihre Damen-Gemächer aufsuchen muss, um sie zu bedienen. Meine Erklärung, dass dies eine Sparmaßnahme sei, wollte sie gar nicht hören und begann augenblicklich, über ihre verstorbene Schwiegertochter zu schimpfen. Das hat Lady Margaret – Gott hab sie selig – wahrlich nicht verdient.
Ich fürchte, dass ich irgendwann gegenüber der ehrwürdigen Lady ungehalten werden könnte. Möge Gott mich in dem Moment zügeln!

Tagebuch Frederic Sterling, 21. Juni 1913, 9:12 pm

Zunächst schien es heute ein normaler Tag zu werden, alles verlief ganz nach Plan. Bis Ben aufgeregt nach einem Tierarzt verlangte, da das Lieblingspferd seiner Lordschaft, die Stute Penelope, kurz vor der Niederkunft stünde und möglicherweise ein Problem vorläge. Unweigerlich zog ich in Gedanken Parallelen zu unserer werten Lady Margaret – Gott hab sie selig. Allerdings ist die Trächtigkeit Penelopes von Erfolg gekrönt worden. Ihr Fohlen ist zum Glück wohl und munter, aber sie selbst scheint erkrankt. Wir hoffen alle, dass der Lord nicht noch einen Verlust betrauern muss.

Tagebuch Frederic Sterling, 27. Juni 1913, 4:32 pm

Der Verlust, vor dem wir alle Angst hatten, ist leider eingetreten – wenn auch nicht wie vorerst befürchtet. Das junge Fohlen Penelopes ist heute von uns gegangen. Keiner weiß so recht warum. Überraschenderweise hat sich im Gegenzug dazu aber Penelope gänzlich von ihrer rätselhaften Krankheit erholt. Weniger bodenständige Personen mögen das als Werk dunkler Feen oder ähnlicher Hirngespinste ansehen. In meinen Augen ist es ein – wenn auch eigentümlicher – Zufall.

Tagebuch Frederic Sterling, 17. August 1913, 8:43 pm

Mr. Merryweather wird uns verlassen! Nach einem Gespräch mit dem werten Lord über die finanzielle Lage des Anwesens und der Familie habe ich unserem Diener heute Nachmittag gekündigt. Ist es verwerflich, dass ich darüber Freude empfinde? Nun, in Anbetracht seiner wirklich vorbildlich erledigten Arbeiten ist es ein Verlust, aber er als Person wird er wohl kaum jemandem hier wirklich fehlen. Natürlich wurde ihm wie auch den anderen zuvor eingeräumt, dass er bei uns verweilen kann, bis er eine angemessene Stelle andernorts findet. Ich hoffe, dass er diese Anstellung bald findet und dort keine jungen Frauen sind, die sich so leicht den Kopf verdrehen und das Herz brechen lassen.
Die junge Lady Clara ist zunehmend verschlossener. Von ihrer Lebensfreude, die im letzten Jahr noch aus jeder ihrer Gesten und Worte gesprüht hat, scheint nichts mehr übrig zu sein. Der Verlust ihrer Mutter und des kleinen Bruders muss sie wahrlich tief verletzt und gebrochen haben. Ich wünschte, man könnte ihr irgendwie helfen.

Tagebuch Frederic Sterling, 12. September 1913, 3:39 pm

Die Stimmung im Hause Upton ist eigentümlich. Es scheint Aufregung innerhalb des Personals zu geben. Ben scheint aufgewühlt und es wirkt fast so, als hätte es mit Ms. Sauertopf und Mr. Wallace zu tun. Alle drei wirken seltsam zerknirscht. Ob ich nachfragen soll? Aber letztlich geht es mich nichts an … denke ich.
Mr. Merryweather ist immer noch hier, ich zähle bereits die Stunden … Ich habe mich endlich dazu durchgerungen, den werten Lord auf meinen Fund von vor wenigen Tagen anzusprechen. Es ist nie einfach, einer Herrschaft Hinterhältigkeit zu unterstellen – auch wenn ich das nicht beabsichtigt habe, aber allein dass ich ihn fragen muss, ob er mir etwas verschwiegen hat, impliziert diesen möglichen Verdacht ja bereits. Einerseits bin ich erleichtert, dass es zwischen uns zu keinem Zerwürfnis kam und er tatsächlich nichts vor mir geheim zu halten scheint, was die Finanzen angeht. Andererseits drängt sich nun die bohrende und schlafraubende Frage nur noch nachhaltiger in meinen Geist: Wer hat es geschafft, sich den horrenden Betrag von 500 Pfund zu stehlen, ohne dass der werte Lord oder ich es direkt bemerkt haben? Gibt es noch jemanden, der in das Büro des Lords kommt?

Tagebuch Frederic Sterling, 13. September 1913, 9:31 am

Der Tag begann wie jeder andere, wir frühstückten gemeinsam im Aufenthaltsraum der Angestellten. Es war nicht so ungewöhnlich, dass der werte Lord noch nicht zum Frühstück klingelte, er schläft zurzeit oft in den Tag hinein, was ich ihm angesichts der allgemeinen, sehr deprimierenden Situation nicht einmal verübeln kann. Ms. Hastings ging schließlich ohne Aufforderung durch die junge Lady mit einem Frühstückstablett nach oben, da das Ausbleiben dieser Klingel durchaus ungewöhnlich war. Ich habe mich zum Rechnungen durchgehen und Buchführen zurückgezogen, schließlich muss ich immer noch herausfinden, wohin die 500 Pfund verschwunden sind. Ich brauche mehr Tee. Während ich meiner Arbeit nachgegangen bin, muss sich Ms. Hastings an etwas geschnitten haben, ich sah nur, dass Mr. Wallace sie aufgebracht zu Ms. Sauertopf in die Küche gezerrt hat. Das arme Mädchen, er könnte wohl etwas feinfühliger sein. Andererseits bin ich das auch nicht immer, also wer bin ich, hier zu urteilen?
Sie rufen mich.

9:32 pm

Mir ist immer noch übel. Schon das gute Frühstück musste ich leider von mir geben und ich habe trotz der fortgeschrittenen Stunde keine Intention, meinen Magen erneut zu füllen. Ich hoffe, ich schaffe es, die Geschehnisse des Tages zu rekapitulieren, ohne den Abort erneut aufsuchen zu müssen.
Der bemitleidenswerte Lord hat so bitterlich geweint, dass mir allein beim Gedanken daran die Augen feucht werden. Die Flut schien selbst zu stark für mein Taschentuch, doch wenn ich damit auch nur einen kleinen Trost spenden, eine winzige Hilfe leisten konnte, so tat das gerne, denn ich schätze seine Lordschaft über alle Maßen. Viel lieber würde ich so gerne mehr für ihn tun, ihm das Leid erleichtern, alles ungeschehen machen. Ich zweifle am Allmächtigen, denn kein einzelner Mensch hat so viel Trauer und Verlust in nicht einmal einem Jahr verdient. Zum Glück hat er sie nicht sehen müssen, diese zerbrechlich wirkende, junge Frau an einem Strick an der Decke hängend. Fast noch ein Kind.
Warum hat sie mit niemandem gesprochen? Warum hat sie das getan, ohne vorher nach einem anderen Ausweg zu suchen? Sie war doch so ein aufgewecktes und freundliches Mädchen und … zuletzt wohl vollkommen gebrochen und ohne Perspektive. Hätten wir aufmerksamer sein sollen, mehr mit ihr reden, sie eventuell zum Reden nötigen? Vermutlich hätte es keinen Sinn gehabt und es stünde uns auch nicht zu. Nun liegt sie bei ihrer Mutter und ihrem Bruder – Gott hab sie selig. Vielleicht ist es das, was sie sich seit Weihnachten wünschte? Ich hoffe sehr, dass die drei nun an einem besseren Ort sind, auch wenn ich als guter Christ weiß, dass es nicht so sein kann, denn für Selbstmörder gibt es keinen Platz im Paradies. Es gab auch keinen Pfarrer für sie und keinen Arzt. Und das nicht einmal deshalb, weil wir nicht das Geld dafür haben. Es diente dem Schutz des Hauses und Namens Upton, der Vermeidung eines möglichen Skandals.
Ihr Abschiedsbrief war grotesk und schrie trotz der wenigen Worte so laut um Hilfe, dass es mir das Herz bricht, ihn nicht vernommen zu haben all die Male, in denen sie an mir vorüber lief, grüßend nickte und den Blick wieder senkte.

„Ich fühle es!
Es kann nicht sein. Es darf nicht sein!
Es muss ein Ende haben!“


Für mich spricht pure Panik und Verzweiflung aus diesen Zeilen. Und noch etwas, für das Ms. Hastings leider auch ein weiteres Indiz gefunden hat. Scheinbar hat Lady Clara das Laken ihres eigenen oder eines anderen Bettes selbst unter den Dielen ihres Zimmers versteckt, damit niemand die kleinen Blutflecken darauf entdecken kann. Wir alle denken dasselbe und es ist auch der Grund, warum wir keinen Arzt hinzugezogen haben: Sie muss schwanger gewesen sein und hat sich deshalb das Leben genommen. Allein der Selbstmord würde schon für Schande sorgen, sollte eine außereheliche Schwangerschaft herauskommen, wäre der Ruf des Hauses, des werten Lords vollends ruiniert. Niemals hätte sie neben ihrer Mutter Ruhe finden können und dem werten Lord wäre nie Ruhe vergönnt mehr im Leben. Ich hoffe sehr, dass er die Stärke besitzt, nun nicht auch einfach aufzugeben – und doch würde ich es verstehen. Tee. Mehr Tee.

Fast glaube ich mir selbst nicht, aber ich bin tatsächlich froh darum, dass Mr. Merryweather noch hier ist. Er hat tatsächlich einen Sarg aufgetrieben, ohne dass blöde Fragen gestellt wurden. Dass mein Verstand hämmert, wie er es schaffen kann, einen Sarg in der Größe eines Erwachsenen zu bekommen, ohne dass er hinterfragt wird, ignoriere ich geflissentlich. Es ist nur wichtig, dass Lady Clara in der Familiengruft zur Ruhe gebettet werden konnte. Wir haben sie mit vereinten Kräften dorthin verbracht – natürlich auch mit dem Wissen des armen Lords. Zwar wollte er erst einen Arzt kontaktieren, nachdem ich meine Bedenken geäußert habe, hat er aber selbst davon abgesehen und uns freie Hand gegeben. Er war so niedergeschlagen, so unendlich am Boden zerstört.

Nachtrag:

Und Lady Cassandra hat es geschafft, mich so weit zu bekommen, dass ich sie barsch auf ihr Zimmer verwiesen habe. Sie wäre sonst auch mitten in die Szene in Lady Calaras Zimmer geplatzt und wer weiß, wie es dann geendet hätte. Wer wird ihr diese neue Entwicklung wohl beibringen müssen? Mr. Merryweather? Ja, ich bin tatsächlich froh, dass er noch hier ist.